Anleitung – einfache Form für kugelförmige Gießkeramiken

Anleitung: einfache Form für kugelförmige Gießkeramiken

Das Töpfern bringen viele mit Objekten in Verbindung, die von Hand geformt oder auf der Töpferscheibe gedreht sind. Dabei kommen beim Töpfern von Hand Techniken wie die Wulsttechnik, die Plattentechnik oder die Daumendrucktechnik zur Anwendung. Das Töpfern kennt aber auch eine Technik, bei der die Objekte nicht geformt, sondern aus Tonschlicker gegossen werden.

Anleitung einfache Form für kugelförmige Gießkeramiken

Diese Technik nennt sich Gießtechnik und eignet sich vor allem dann, wenn mehrere Objekte in einer einheitlichen Form angefertigt werden sollen. Gießformen sind im Fachhandel in verschiedenen Ausführungen erhältlich.

Allerdings sind diese Formen nicht ganz kostengünstig und wenn die Gießtechnik erst einmal ausprobiert werden soll oder nur recht selten angewendet wird, lohnt sich die Anschaffung vielfach nicht. Zudem kann sich der Töpfer einfache Formen für Gießkeramiken durchaus auch selbst anfertigen.

Wie es geht, erklärt die folgende Anleitung. Dabei bezieht sich die Anleitung auf eine Form, mit deren Hilfe kugelförmige Objekte gegossen werden können:

Da sich die grundlegende Vorgehensweise nicht ändert, können nach dem gleichen Prinzip aber auch Formen für Gießkeramiken in anderen Formaten angefertigt werden:

Eine einfache Form für kugelförmige Gießkeramiken – die Materialliste

  • ·         2-Liter-PET-Flasche
  • ·         Luftballon
  • ·         Holzstab und Schnur
  • ·         Alabastergips
  • ·         Wasser
  • ·         etwas Ton
  • ·         Schmierseife
  • ·         Messer oder Schere
  • ·         Messbecher oder anderes Gefäß zum Einfüllen
  • ·         Stift

Materialliste

Die Anleitung

1. Schritt: die Gießform vorbereiten

Die Basis für die Gießform bildet die 2-Liter-PET-Flasche. Von der Flasche wird nun zuerst das obere Drittel abgeschnitten. Dieser abgeschnittene Teil wird später als Trichter wiederverwendet. Bei dem unteren Teil der Flasche wird mit einem Stift eine Linie gezogen, die die Mitte markiert.

Anschließend wird der Luftballon etwas aufgeblasen und mit soviel Wasser gefüllt, dass der Ballon ungefähr die Größe von einer Faust hat.

Das Wasser ist deshalb wichtig, weil der Luftballon ausreichend Gewicht benötigt. Andernfalls würde der Luftballon beim Anfertigen der Gießform nicht in seiner Position bleiben.

Dann wird auch auf dem Luftballon die Mitte markiert. Danach wird ein Stück Schnur am Luftballon und das andere Ende der Schnur an einem Holzstab befestigt.

Anschließend wird der Luftballon in die Flasche gegeben und so ausgerichtet, dass er exakt in der Mitte hängt und die beiden Markierungslinien übereinstimmen.

2. Schritt: die untere Hälfte der Form gießen

Wenn die Vorbereitungen abgeschlossen sind, beginnt das eigentliche Anfertigen der Gießform. Dabei wird zuerst die untere Hälfte der späteren Gießform hergestellt.

Dafür werden Gips und Wasser im Verhältnis 3:2 miteinander vermischt, wobei für die untere Hälfte der Gießform in dieser Größe etwa 600ml Gips und 400ml Wasser benötigt werden.

Der angerührte Gips wird nun in die Flasche gefüllt, bis die Markierungslinie erreicht ist. Der eingefüllte Gips muss nun etwas aushärten.

3. Schritt: die obere Hälfte der Form gießen

Während der Gips aushärtet, wird ein Stopfen geformt. Dieser wird für die Öffnung benötigt, über die die fertige Gießform später mit Tonschlicker befüllt wird. Der Stopfen wird aus Ton hergestellt und sollte eine leicht konische Form haben, etwa vergleichbar mit dem Korken einer Weinflasche.

Der geformte Stopfen wird dann ebenfalls mit etwas Schnur mittig an dem Holzstab befestigt. Wenn der Rand der unteren Gießformhälfte hart ist, kann es mit der oberen Hälfte weitergehen.

Damit sich die beiden Hälften später gut voneinander lösen, wird der Rand der unteren Hälfte mit ordentlich Schmierseife bestrichen.

Anschließend werden wieder drei Teile Gips mit zwei Teilen Wasser vermengt und die Flasche wird mit der Gipsmasse aufgefüllt. Wichtig dabei ist, dass der Stopfen nach dem Befüllen der Flasche noch etwa einen halben Zentimeter übersteht.

4. Schritt: die Gießform fertig stellen

Nun muss der Gips vollständig durchtrocknen. Danach wird die Flasche mit einem Messer oder einer Schere aufgeschnitten und die Gießform herausgenommen. Bevor die beiden Hälften der Gießform nun getrennt werden, werden mit dem Messer an zwei Seiten Markierungen eingeritzt.

Dadurch kann die Gießform später wieder passgenau zusammengesetzt werden. Danach wird die Gießform vorsichtig mit dem Messer in zwei Hälften getrennt.

Zum Schluss müssen nur noch der Luftballon und der Stopfen herausgenommen werden. Damit ist die Gießform fertig und bereit für ihren ersten Einsatz.

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Gießform verwenden

5. Schritt: die Gießform verwenden

Um die Gießform verwenden zu können, müssen die beiden Hälften zuerst mit einem Gummiband fixiert werden. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass nichts verrutschen kann. Dann wird der abgeschnittene Hals der Flasche als Trichter in die Öffnung in der Gießform gesteckt.

Anschließend wird soviel Tonschlicker eingefüllt, dass die Form komplett befüllt ist und der überschüssige Tonschlicker einige Zentimeter hoch im Trichter steht.

Zum einen entsteht dadurch ein konstanter Druck auf den Ton in der Form und zum anderen muss der Töpfer nicht daran denken, ausreichend Tonschlicker nachzufüllen, wenn die Gipsform Wasser aufgenommen hat und dadurch der Stand in der Form sinkt.

Nach etwa einer halben Stunde kann der überschüssige Tonschlicker ausgeleert werden. Dazu werden der Trichter abgenommen, die bereits leicht angetrockneten Tonteile an der Öffnung entfernt und der restliche Tonschlicker unter leichtem Schütteln ausgegossen.

Der Rohling bleibt nun noch solange in der Gießform, bis er lederhart getrocknet ist. Danach wird er aus der Form genommen und kann wie gewünscht weiterbearbeitet werden.

Welcher Gips? Und wie mischen?

Kurzantwort: Keramik-/Alabastergips verwenden, nach Gewicht mischen, Wasser zuerst in den Eimer, Gips „regnen“ lassen.

  • Mischverhältnis (Richtwert): Wasser: Gips ≈ 70 : 100 (Gewicht). Je nach Produkt liegt der Bereich bei 0,60–0,75. Ziel ist eine cremige, blasenarme Slurry.
  • Vorgehen:
    1. Abgewogenes Wasser in einen sauberen Eimer.
    2. Gips gleichmäßig einsieben, 2–3 Min. aufquellen lassen.
    3. Sanft rühren (nicht aufschlagen), bis seidig.
  • Sicherheit: Staubmaske (FFP2), Handschuhe. Frischer Gips wird warm (exotherm). Nie Gipsreste in den Abfluss geben – aushärten lassen und im Restmüll entsorgen.

Passgenauigkeit: Registrierungen statt nur Ritzmarken

Für passgenaues Wiederzusammenfügen Registrier-„Keys“ einplanen:

  • Nach Aushärten der unteren Formhälfte 6–8 flache, halbrunde Vertiefungen (Ø 8–12 mm, z. B. mit Kugelfräser/Löffel) entlang des Randes setzen.
  • Vor dem Gießen der oberen Hälfte den Rand weiterhin satt mit Schmierseife (oder Vaseline dünn) bestreichen.
    So sitzen die Hälften exakt; die Naht wird schmal und gleichmäßig.

Entlüftung – kleine Kanäle, großer Effekt

Kugeln neigen dazu, am „Nordpol“ (gegenüber der Angussöffnung) Luft zu fangen.

  • Beim Gießen der oberen Hälfte 1–2 dünne Entlüftungskanäle (Ø 2–3 mm) von außen bis knapp an die Kugelkontur einlegen (z. B. durch eingelegte Wachsschnur oder Kunststoffstäbchen).
  • Nach dem Aushärten die Stäbchen entfernen. Beim späteren Guss schließen Tonhäutchen diese Kanäle meist; ggf. nach dem Ausschalen minimal verspachteln.

Trocknung & Konditionierung der Gipsform

Poröse Gipsformen arbeiten durch Wasseraufnahme – nur trockene Formen ziehen Schlicker richtig an.

  • Lufttrocknung: 48–72 h bei guter Luftzirkulation, Formhälften geöffnet lagern.
  • Schonendes Ofentrocknen: 35–45 °C, mehrere Stunden. Nie „backen“ – zu viel Hitze kann Gips schwächen.
  • Vor dem ersten Einsatz: Form kurz temperieren (Raumtemperatur), dann gießen.

Schlicker richtig einstellen

Ziel: gleichmäßige Wandstärke, saubere Oberfläche, kurze Gießzeiten.

  • Spezifisches Gewicht (Richtwert): 1,75–1,85 g/cm³ (mit Hydrometer messen).
  • Viskosität: dünnflüssig, aber deckend; als Faustregel 30–45 s in einer Auslauf-/Zahnbecher-Probe.
  • Deflokulant: Natriumsilikat (Wasserglas) + etwas Soda tröpfchenweise – nie „frei Hand“ überdosieren. Weniger ist mehr.
  • Filtern: Schlicker vor dem Gießen durch einen Nylonstrumpf oder 80–120 mesh Sieb geben. Verhindert Körner, die später Pinhole-Fehler verursachen.

Gießzeit, Wandstärke & Entleeren

  • Anguss: Den abgeschnittenen PET-Flaschenhals als Trichter aufsetzen – sehr gut. Immer überfüllen, damit ein konstanter hydrostatischer Druck anliegt.
  • Wandstärke steuern: Je trockener die Form, desto schneller baut sich Wandstärke auf. Für eine 3–5 mm Wand bei dieser Kugelgröße sind oft 15–35 Min. ausreichend.
  • Entleeren: Trichter ab, Öffnung mit einem Holzspatel von Haut befreien, Form zügig (aber ruhig) in einem Zug ausschwenken. Längeres Tropf-Warten erzeugt „Nasen“.
  • Lederhart prüfen: Die Kugel löst sich leicht vom Gips, fühlt sich kühl, aber formstabil an. Erst dann ausformen.

Nahtbearbeitung & Vorbereitung fürs Brennen

  • Naht glätten: Sofort nach dem Ausschalen mit leicht feuchtem Schwamm und weichem Schaber die Fuge entschärfen, später trocken mit Schleifvlies nachziehen.
  • Öffnung formen: Angussöffnung sauber ansenken (Konus), so lassen sich Lampenfassungen, Korken oder Aufhängungen leichter einsetzen.
  • Trocknen lassen: Langsam und gleichmäßig, z. B. auf weichem Schaum, damit die Kugel nicht abflacht.
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Brennfenster & Glasur

  • Schrühbrand: i. d. R. 900–980 °C (je nach Schlicker). Langsam aufheizen, damit Restfeuchte entweicht.
  • Glasurbrand: Steingut-Schlicker meist 1040–1060 °C, Steinzeug-Schlicker 1200–1250 °C – stets Daten des Herstellers beachten.
  • Tipps gegen Spannungsrisse: Nahtbereich vor dem Glasieren extra fein schleifen; bei transparenten Glasuren fallen Unebenheiten stark auf.

Typische Fehler & schnelle Lösungen

  • Lunker/Blasen innen: Schlicker besser entlüften (langsames Eingießen, Sieb), Entlüftungskanäle nutzen.
  • Ungleichmäßige Wandstärke: Form zu feucht oder Gießzeit schwankte. Form länger trocknen, mit Stoppuhr arbeiten, Gießhöhe konstant halten.
  • Risse nach dem Ausschalen: Zu früh entformt oder Zugluft beim Trocknen. Später entformen, langsamer trocknen.
  • Gipspartikel im Ton (explodierende Stücke beim Brand): Arbeitsplätze strikt trennen, Formkanten vor dem Guss abpinseln, Schlicker stets filtern.
  • Verzug („Ei“ statt Kugel): PET-Flasche war verformt oder Ballon hing nicht exakt zentriert. Beim nächsten Mal Flasche stabilisieren (z. B. in Sandbett) und Zentrierung doppelt prüfen.

Gießform Kugel

Varianten & kreative Einsätze (gleiche Form, neue Zwecke)

  • Windlicht/Laterne: Vor dem Schrühbrand Lochmuster bohren/schneiden.
  • Lampenfuß/-kugel: Angussöffnung passend zur Fassung ausarbeiten, Kabeldurchführung planen.
  • Vogelhaus / Hänge-Planter: Seitliche Öffnung ausschneiden, Aufhängung mit Keramiköse oder Makramee realisieren.
  • Halbkugel-Schalen: Gießzeit verkürzen (dünnere Wand) und Kugel in der Lederhart-Phase halbieren.

Alternative Wege zur Kugel-Negativform

Wenn keine PET-Flasche verfügbar ist:

  • Zwei identische Kunststoff-Halbkugeln (Deko-Weihnachtskugeln) als „Mutterform“ nutzen und klassisch in Gips abformen (zweiteilige Gipsform mit Passstiften).
  • 3D-Druck-Positiv der Kugel (mit Anguss) herstellen und in Gips abformen.
    Hinweis: Silikonformen sind für Schlickerguss ungeeignet – sie sind nicht porös und ziehen kein Wasser.

Pflege & Lebensdauer der Gipsform

  • Nach jedem Guss vollständig trocknen lassen.
  • Keine Pinsel/Schwämme mit Seife auf die Arbeitsflächen der Form – das verringert die Saugfähigkeit.
  • Stöße vermeiden, Kanten schützen; Lagerung trocken und staubarm.

Mini-FAQ

Wie lange trocknet eine Gipsform vor dem ersten Guss?
48–72 h Lufttrocknung (offen), alternativ mehrere Stunden bei 35–45 °C im Trockenofen.

Welches Mischverhältnis für Gips ist praxistauglich?
Wasser : Gips ≈ 70 : 100 (Gewicht); sauber einsieben, kurz quellen lassen, sanft rühren.

Woran erkenne ich lederhart?
Die Wand hat Eigenstabilität, ist kühl und matt, löst sich leicht von der Form, ohne zu verformen.

Welche Schlicker-Dichte funktioniert gut?
1,75–1,85 g/cm³ bei moderater Viskosität; Deflokulant nur tropfenweise justieren.

Wie steuerst du die Wandstärke?
Über Gießzeit und Formtrockenheit. Für 3–5 mm an einer kleinen Kugel: meist 15–35 Min…

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Maike Wetzold, Lehrerin für das Unterrichtsfach Werken, Tobias Naue (Keramikmeister), die Youtuberin Sevilart ( Kreativ- Deko- & Bastelvideos), sowie Ferya & Christian Gülcan, Betreiber/in und Redakteur/in dieser Webseite und Inhaber von koozal Design ( Kunst, Malerei, Import & Handel getöpfertes Kunsthandwerk), schreiben hier Wissenswertes zum Thema Töpfern, Ton und Keramik. Anleitungen, Übungen, Vorlagen und Fachwissen für Groß und Klein, sowie für Schule und Hobby.

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