Sinterzeug und Irdengut: die Unterschiede zwischen den Keramiken, Teil 2
Keramiken werden grundsätzlich in zwei große Gruppen unterschieden. Die eine Gruppe ist das Sinterzeug, die andere Gruppe das Irdengut. Maßgeblich für die Unterschiede zwischen den keramischen Massen sind die Porigkeit, die Farbigkeit nach dem Brennen und die Versiegelung der Oberfläche. Die Unterschiede wiederum resultieren in erster Linie daraus, wie der Ton zusammengesetzt ist.
Die Basis bildet Ton oder Kaolin, dazu kommen Feldspat, Quarz und andere Mineralien. Unterm Strich ergibt sich so eine große Bandbreite an Keramiken.
In einem zweiteiligen Beitrag erklären wir die wichtigsten Klassifizierungen und nennen typische Einsatzbereiche der verschiedenen Keramiken. Dabei haben wir in Teil 1 mit dem Sinterzeug begonnen, zu dem im Wesentlichen Steinzeug und Porzellan gehören.
Jetzt, in Teil 2, schauen wir uns das Irdengut genauer an:
Inhalt
Irdengut
Während Gegenstände aus Sinterzeug oft feiner und edler wirken, kommt Irdengut häufig rustikaler daher. Doch das Grobe oder Feine ist nicht ausschlaggebend. Der maßgebliche Unterschied ist die Porigkeit. Im Gegensatz zum sehr dichten Sinterzeug ist Irdengut nämlich stark porös.
Irdengut nimmt in unseren Wohnungen und Häusern einen viel größeren Raum ein als Sinterzeug. So mancher dürfte erstaunt sein, was alles zum Irdengut gehört!
Tonware
Tonware ist neben Porzellan eine der bekanntesten und am weitesten verbreiteten Keramikarten. Die Mischung aus Ton, Quarz und Feldspat wird traditionell von Hand auf der Töpferscheibe geformt. Daher kommt auch der typische Charakter, der handwerklich eher grob und rustikal wirkt. Doch Tonware kann auch gegossen oder durch Pressen geformt werden.
Die fertigen Objekte werden bei 900 bis 1.100 Grad Celsius gebrannt. Die recht niedrige Brenntemperatur führt dazu, dass sich der Scherben in seiner Porigkeit nicht vollständig verdichtet.
Unglasiert ist Tonware deshalb nicht wasserdicht. Je höher der Eisenanteil ist, desto rötlicher ist der Scherben. Ein höherer Kalkanteil hingegen verleiht dem Scherben eine ocker-beige Färbung. Klassische Anwendungen von Tonware sind Haushaltsgeschirr, Gefäße und Pflanzenkübel.
Ein beliebtes Beispiel für unglasierte Tonware ist Terrakotta. Das Kennzeichen dieser Keramiken ist ihre intensive, erdig-rotbraune Farbe. Sie kommt durch den hohen Anteil an Eisen in dem Gemisch aus Ton, Quarz und Feldspan zustande.
Weil der Terrakotta-Scherben nur einmal bei maximal 1.000 Grad Celsius gebrannt wird, ist er porös und damit feuchtigkeitsdurchlässig. Dadurch eignet er sich optimal für Pflanzgefäße. Staunässe wird es bei Gefäßen aus Terrakotta nicht geben. Vor allem in Innenräumen sollte unter einem Terrakotta-Gefäß aber immer ein glasierter Teller stehen, um Pfützen auf der Fensterbank zu vermeiden.
In unseren Breitengraden eher ungewöhnlich ist Stuck aus Keramik. Im Süden Europas hingegen war Tonware ein beliebtes Zierelement für Decken und Wände.
Heute tauchen solche farbig glasierten Keramiken immer wieder als Ziergeschirr oder dekorative Fliesen auf. Der Fachmann spricht dann von Fayencen.
Aus technischer Sicht sind Fayencen geschrühte, gelb-graue bis leicht rotbraune Scherben, die zunächst mit Zinn glasiert sind. Anschließend werden sie mit Unterglasurfarben verziert und ein zweites Mal gebrannt.
Bekannte Fayencen sind Keramiken aus Mallorca, die in Grundfarben bunt glasiert sind. Angelehnt an ihre Herkunft, heißen diese Fayencen Majoliken. Auch Keramiken mit Delfter Blau gehören zu den typischen Fayencen.
Steingut
Was das Material betrifft, ist Steingut Tonware sehr ähnlich. Auch bei Steingut setzt sich das Grundgemisch aus Ton, Quarz, Feldspat und eventuell weiteren Mineralien zusammen. Im Sprachgebrauch wird Steingut oft mit Steinzeug verwechselt.
Im Gegensatz zu Steinzeug wird Steingut aber bei deutlich niedrigeren Temperaturen gebrannt.
Wie Tonware ist Steingut deshalb porös und nicht wasserdicht.
Um das Material wasserresistent zu machen, wird bei nur 100 Grad Celsius eine dünne Schicht Glasur aufgeschmolzen. Die niedrige Temperatur beim Glasurbrand sorgt dafür, dass die für Steingut typischen Haarrisse in der Glasur entstehen.
Dieser sogenannte Krakelee-Effekt bewirkt zwar, dass sich in den feinen Rissen Fett und andere Rückstände ablagern können. Trotzdem wird Steingut gerne für Dosen, Vorratsgefäße und Brotkästen verwendet.
Die Farbe von Steingut variiert von Cremeweiß bis Elfenbein. Deshalb ist Steingut sehr oft im Badezimmer anzutreffen. Die niedrige Brenntemperatur hat zur Folge, dass die Herstellung von Steingut wesentlich preiswerter ist als Porzellan.
Im Gießverfahren werden zum Beispiel Fliesen, Waschbecken und Toilettenschüsseln aus Steingut produziert und mit einer weißen Glasur auf Porzellan-Optik getrimmt.
Baukeramik
Die Bezeichnung Baukeramik legt schon nahe, dass es sich bei dieser Untergruppe des Irdenguts um grobe, in erster Linie tonhaltige Baumaterialien aus Keramik handelt. Bekannte Vertreter sind zum Beispiel Ziegelsteine, Klinker oder Dachziegel.
Dabei kennen wir Ziegel meist in einer roten oder braunen Farbe. Hartgebrannt können sie aber auch ein tiefdunkles Violett annehmen. In den 1920er-Jahren, als der sogenannte Backsteinexpressionismus aufkam, wurden gerne Ziegel in dieser Färbung verwendet.
Die baukeramische Masse wird bei hohen Temperaturen von gut 1.100 bis 1.300 Grad Celsius gebrannt, um auf diese Weise die Porigkeit zu verdichten. Nach dem Brennen kann das Material kaum noch Wasser aufnehmen.
Diese Eigenschaft führte dazu, dass Baukeramik früher im Hausbau standardmäßig für das Mauerwerk verwendet wurde.
Heute kann sich glücklich schätzen, wer sich an der rauen und strukturierten Optik von freigelegtem Ziegelmauerwerk erfreuen kann.
Feuerfestes Irdengut
Das wohl bekannteste Beispiel für feuerfestes Irdengut ist Schamotte. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird Schamotte oft als Sammelbegriff für eine Vielzahl von feuerfesten Steinen verwendet.
Der Fachmann hingegen versteht unter Schamotte ein spezielles, feuerfestes Material, das aus rohem Ton synthetisiert ist und wie hellgraues Gestein oder grobkörniger Beton aussieht.
Das feuerfeste Irdengut wird meist eher hintergründig verwendet. So werden mit Schamotte zum Beispiel Kamine, Pizzaöfen oder Heizungen ausgemauert. Diese Anwendung verdankt das vergleichsweise preiswerte Material seiner Fähigkeit, Hitze standzuhalten und die Wärme gleichzeitig sehr gut zu speichern.
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