Sinterzeug und Irdengut: die Unterschiede zwischen den Keramiken, Teil 1

Sinterzeug und Irdengut: die Unterschiede zwischen den Keramiken, Teil 1

Ob Tontopf, Keramikschüssel oder Porzellanvase: Wenn sie schwungvoll auf den Boden fallen, zerspringen sie in kleine Stücke. Doch abgesehen von der hohen Stoßempfindlichkeit als Gemeinsamkeit, gibt es gewaltige Unterschiede zwischen den Materialien. Der Fachmann unterscheidet die verschiedenen keramischen Massen anhand von drei Faktoren.

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Sinterzeug und Irdengut die Unterschiede zwischen den Keramiken, Teil 1

Diese sind die Porigkeit, die Farbigkeit nach dem Brennen und die Versiegelung der Oberfläche.

Dabei ergeben sich die Unterschiede in erster Linie aus der jeweiligen Zusammensetzung vom Ton oder Kaolin als Grundstoff und eventuell Feldspat, Quarz und anderen Mineralien als zusätzliche Bestandteile. Das lässt schon erahnen, wie breit das Spektrum der Keramiken ist.

Um eine Übersicht zu verschaffen, erklären wir die wichtigsten Klassifizierungen, zeigen die Unterschiede zwischen den Keramiken auf und nennen ihre Einsatzbereiche.

Sinterzeug und Irdengut

Keramiken werden grundsätzlich in die beiden Hauptgruppen Sinterzeug und Irdengut eingeteilt. Im Alltag würde Sinterzeug vermutlich mit feinem Porzellan und Irdengut mit rustikaler Töpferware gleichgesetzt werden.

Diese Einordnung ist zwar nicht komplett von der Hand zu weisen. Wirklich richtig ist sie aber auch nicht. Denn die beiden Keramikklassen unterscheiden sich nicht danach, was feiner oder grober ist.

Auch industrielle Fertigung oder Handarbeit sind keine Unterscheidungsmerkmale. Maßgeblich ist vielmehr die Porigkeit. So ist Sinterzeug sehr dicht, während es sich bei Irdengut um einen stark porösen Scherben handelt. Als Scherben wird die gebrannte Keramikmasse bezeichnet.

Sinterzeug

Der Name dieser Klasse von Keramiken bezieht sich auf ihr wesentliches Merkmal, nämlich das Sintern. Beim Sintern werden die Materialpartikel bei sehr hohen Brenntemperaturen so verdichtet, dass sich die Keramik zusammenzieht oder schwindet, wie es in der Fachsprache heißt.

Dieser Vorgang führt dazu, dass die Poren sehr stark verkleinert werden. Dadurch ist das Keramikmaterial nach dem Brennen wasserundurchlässig. Zum Sinterzeug gehören im Wesentlichen Steinzeug und Porzellan.

Steinzeug

Bei Steinzeug ist der Scherben fast vollständig gesintert und damit verdichtet. Die ungebrannte Keramikmasse, der sogenannte Grünkörper, besteht überwiegend aus Ton. Dazu kommen etwas Quarz und wenig Feldspat.

Nachdem der Ton auf der Töpferscheibe in die gewünschte Form gebracht wurde, wird die Keramik bei einem ersten Brand, dem Schrühbrand, bei ungefähr 800 Grad Celsius im Ofen gebrannt.

Anschließend wird der geschrühte Scherben in Glasur getaucht. Die Glasur ist ein Gemisch aus Wasser und pulverisierten Mineralien. Beim Eintauchen in die Glasur saugt der Scherben das Wasser gewissermaßen auf, während sich die Mineralien auf seiner Oberfläche ablagern.

Bei einem zweiten Ofenbrand, der bei einer Temperatur zwischen 1.200 und 1.300 Grad Celsius erfolgt, schmelzen die Mineralien und bilden eine glänzende, wasserabweisende Schicht.

Dieser zweite Brand heißt Glattbrand. Bevor er beginnt, wird traditionell Kochsalz in den Brennofen gestreut. Das Salz bewirkt, dass die Oberfläche der Glasur hart, verschleißfest und resistent gegenüber Säuren wird.

Steinzeug mit Salzglasur ist beige, hell rotbraun oder blau-grau und findet sich vor allem in Form von Gefäßen für den Haushalt. Dabei ist der urige, bäuerliche Charme für die Schalen, Krüge, Becher, Töpfe und Dosen charakteristisch.

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Porzellan

Porzellan wird auch als weißes Gold bezeichnet und verkörpert Reinheit, Eleganz und Anmut. Die strahlend weiße Farbe erhält Porzellan zum einen durch den hohen Anteil an Kaolin. Kaolin ist ein sehr feines Mineral, das deshalb weiß ist, weil es kein Eisen enthält. Ergänzt wird das Kaolin durch Quarz und Feldspat.

Zum anderen müssen die rötlichen Eisenoxide im Glattbrand reduziert werden, damit ein völlig reinweißes Porzellan entsteht. Daher wird an dieser Stelle auch von einem Reduktionsbrand gesprochen.

Die Reduktion der rötlichen Eisenoxide kann erfolgen, indem ein Sauerstoffmangel im Ofen erzeugt oder Gas zugeführt wird.

Für die Härte des Porzellans ist der Quarzanteil verantwortlich. Beträgt der Anteil an Quarz bis zu 25 Prozent, handelt es sich um Weichporzellan. Bei einem Quarzanteil ab 25 Prozent liegt Hartporzellan vor.

Bis zum 18. Jahrhundert blieb die genaue Rezeptur von Porzellan ein gut gehütetes Geheimnis der Chinesen. Erst im Jahr 1708 gelang es der späteren Meißner Porzellanmanufaktur, zum ersten Mal ein eigenes Porzellan in Europa herzustellen.

Porzellanmassen gibt es zwar in fester Form zum Drehen an der Töpferscheibe. Trotzdem wird Porzellan meistens als flüssige Masse gegossen. Wie Steinzeug wird es anschließend erst im Schrühbrand und danach im Glattbrand gesintert.

Neben Glas hat sich Porzellan als Material für Geschirr und Haushaltsgefäße bewährt. Denn es ist geschmacksneutral, hygienisch, leicht zu reinigen, langlebig und schön anzusehen.

Die erhabene und kostbare Ausstrahlung, die Porzellan einst hatte, hat es aber spätestens dann verloren, als die industrielle Massenproduktion begann, Porzellan in praktisch jeden Haushalt einzog und sogar in Großküchen zum Standard wurde.

Die fast majestätischen Ursprünge sind heute noch ansatzweise bei hauchdünn gegossenem Porzellan zu spüren, das sich durch halbtransparente und lichtdurchlässige Scherben kennzeichnet. Vor allem bei Bone China Porzellan macht sich dieser Effekt bemerkbar. Bei dieser Porzellansorte wird die Grundmasse mit Knochenasche angereichert, um die Transparenz und den Glanz des Scherbens zu erhöhen.

Sinterzeug und Irdengut die Unterschiede zwischen den Keramiken, Teil 1 (1)

Die zweite große Keramikgruppe ist Irdengut, zu dem Tonware, Steingut und Baukeramik gehören. Das Irdengut schauen wir uns in Teil 2 näher an.

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Maike Wetzold, Lehrerin für das Unterrichtsfach Werken, Tobias Naue (Keramikmeister), die Youtuberin Sevilart ( Kreativ- Deko- & Bastelvideos), sowie Ferya & Christian Gülcan, Betreiber/in und Redakteur/in dieser Webseite und Inhaber von koozal Design ( Kunst, Malerei, Import & Handel getöpfertes Kunsthandwerk), schreiben hier Wissenswertes zum Thema Töpfern, Ton und Keramik. Anleitungen, Übungen, Vorlagen und Fachwissen für Groß und Klein, sowie für Schule und Hobby.

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